4.3. Staatliche Eingriffe


4. Überblick und Tendenzen des deutschen Biomarktes


4.1. Verbände und andere Initiativen des deutschen Biomarktes

4.2. Lösung des Versorgungsproblems

4.3. Staatliche Eingriffe

4.4. Aussichten des deutschen Biomarktes


4.3. Staatliche Eingriffe

4.3.1. Die EG-Öko-Verordnung

4.3.2. Der Staat als Zeichengeber



4.3. Staatliche Eingriffe

Staatliche Eingriffe rechtfertigen sich durch externe Kostenfaktoren für die deutsche Volkswirtschaft aus der konventionellen Landwirtschaft durch Trinkwasseraufbereitung, Artenrückgang, Rückstände in Lebensmitteln, Gesundheitsbelastungen und den Kosten für die Prüfung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und deren Anwendungstechniken durch die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA). Legt man bis zum Jahre 2010 eine zu 20% ökologisch bewirtschaftete Fläche zugrunde, so würde sich eine jährliche Gesamtkostenersparnis von mindestens 46,2 Mio. DM ergeben.1


4.3.1. Die EG-Öko-Verordnung

Am 1.1.1993 wurde das Biogesetz, Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (ABI. Nr. L 198 vom 22.07.1991, S. 1),2 verabschiedet. Diese Öko-Verordnung, die in allen EU-Ländern verbindliches Recht ist, legt die Mindestanforderungen für die Erzeugung und Kontrolle von Öko-Produkten fest, um so den Handel mit Bioprodukten zu regeln, wie auch um Bauern, Verarbeiter und Verbraucher vor irreführenden Bezeichnungen bzw. unlauteren Wettbewerb zu schützen.3 Die EG-Kommission zielte mit dieser Verordnung vor allem auf den gesetzlichen Schutz von Begriffen wie “Bio”, “Öko” und ähnlichen Bezeichnungen, die auf einen ökologischen Landbau hinweisen könnten.4 Seit dem 1. Januar 1997 muß zusätzlich die Codenummer oder der Name der verantwortlichen Kontrollstelle angegeben werden, z.B. DE-099-Öko-Kontrollstelle.5 Mit diesem Zeichen (siehe Abbildung 16) dürfen Lebensmittel gekennzeichnet werden, die die EG-Öko-VO




Abbildung 16: Ökologische Agrarwirtschaft - EWG- Kontrollsystem6


erfüllen. Erst wenn mindestens 95% der Zutaten aus ökologischem Landbau stammen dürfen auf dem Etikett Begriffe wie biologisch, ökologisch, organisch, naturnah, naturgemäß oder ähnliche im Zusammenhang mit dem Produktnamen genannt werden. Sind es weniger als 95% aber mehr als 70%, so dürfen die ökologisch erzeugten Zutaten in der Zutatenliste als solche gekennzeichnet werden oder ein “Bio-Fenster” mit Benennung der ökologischen Zutaten und deren Prozentsatz angebracht werden.7 Diese Bestimmung kommt praktisch einem Verbot ökologisch ausgerichteter Werbung bei Produkten, die zu weniger als 95% aus ökologischer Produktion sind, gleich.8 Ein einheitlicher Schriftzug ist für die EWG-Kontroll-system Kennzeichnung nicht vorgegeben.9 Staatlich anerkannte Kontrollstellen prüfen gemäß Anhang I “Grundregeln des ökologischen Landbaus für Agrarbetriebe”10 und Anhang II “Düngemittel und Bodenverbesserer”11, wie auch gegebenenfalls die Einhaltung der Verbands-Richt-linien.12 In Bayern ist die Landesanstalt für Ernährung (LfE) die oberste Kontrollbehörde. Diese läßt private Kontrollstellen zu und überwacht deren Arbeit.13 Produkte des ökologischen Landbaus dürfen aus sogenannten Drittländern nur dann in die Europäische Union eingeführt werden, wenn Erzeugungs-, Verarbeitungs- und Kontrollbestimmungen gleichwertig mit den Vorschriften der EU-Verordnung sind. Anerkannte Drittländer werden in einer Liste geführt. Bei Importen aus anderen Staaten müssen die regionalen Kontrollbehörden des Importeurs im Einzelfall entscheiden.14 Es ist für die Produktion und Verarbeitung von Bioproduktion nach EG-Öko-VO nicht notwendig, einem anerkannten Anbauverband anzugehören.15 Im Juli 1996 wurde der Entwurf der neuen Rats-VO mit der Erweiterung auf ökologische Tierhaltung den Agrarministerien vorgelegt. Ende 1998 einigte sich der Agrarrat auf Leitlinien zur Regelung der ökologischen Tierhaltung. 16


4.3.2. Der Staat als Zeichengeber

Ein staatliches Einheitssiegel wie in Österreich oder Dänemark wurde von den deutschen Anbauverbänden nicht befürwortet, da es nach deren Meinung schwierig geworden wäre, die Verbandsrichtlinien durchzusetzen.17 Schließlich ist es nicht zu unterschätzen, daß sich diese Richtlinien in einer Gemeinschaft gleichgesinnter Landwirte des ökologischen Anbaus in vielen Jahren entwickelt haben. Ein bundesweites staatliches Ökolabel, oder auch ein europäisches würde den Markt nur undurchsichtiger für den Verbraucher erscheinen lassen, da dessen Richtlinien nicht so konsequent gehalten werden können, denn hier müssen Kompromisse zwischen Wirtschaft, Staat und Verbraucher eingegangen werden. Außerdem ist die regionale Zugehörigkeit von tragender Bedeutung. In dieser Richtung sind die Aktivitäten einzelner Bundesländer erwähnenswert, die in den letzten Jahren mehrere regionale Gütezeichen hervorbrachten. So haben Baden-Württenberg und Hessen eine Regionalmarke für die konventionelle Landwirtschaft entworfen. Da solche Regionalmarken dem Verbraucher suggerieren sollen, daß die verschiedenen Bio- und Regionalmarken als gleichwertig anzusehen sind, und man mit dem Kauf regionaler Produkte auch noch die heimische Landwirtschaft unterstützt,18 und eventuell auch dem Transportwahnsinn Einhalt gebieten kann,19 sind sie anderen Bioprodukten überlegen. Die Verflechtung der Landwirtschaft in einer Region zu einem Regionalzeichen ist daher im Grunde positiv zu beurteilen. Da aber die Initiatoren darauf Wert legen, den unter dem Regionalzeichen vermarkteten Produkten eine besondere Qualität zuzusprechen, sollten zumindest die EU-Verordnung für ökologische Landwirtschaft, sowie bei der Tierhaltung zusätzlich die AGÖL Richtlinien eingehalten werden. In dieser Richtung haben sich Sachsen, Thüringen und Bayern




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Abbildung 17:


verdient gemacht. Seit 1994 besteht das sächsische Öko-Prüfsiegel (siehe Abb. 17, 1.) , welches sich aus der Kooperation von Landesregierung und dem örtlichen Anbauverband Gäa (AGÖL Mitgliedsverband) entwickelt hat. Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt zog mit dem “Thüringer Öko Herz” (siehe Abb. 17, 2.) nach. Am 28. März 1996 stellte das bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein weiteres Ökosiegel (siehe Abb. 17, 3.) vor. Diese Prüfsiegel garantieren einen ökologischen Landbau nach der EU-Verordnung und den AGÖL Richtlinien.20 21 Beim bayerischen Ökosiegel kamen zusätzlich noch andere Kriterien zum tragen, wie die Richtlinien zur Durchführung des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms u.a..22 Hier deutet sich eine länderspezifische Umweltpolitik an, die, wie Bayern und Sachsen es vorgemacht haben, den regionalen ökologischen Landbau durch gemeinsame Regionalalternativen unterstützt. Regional plus ökologisch scheint das Non-Plus-Ultra der deutschen nachhaltigen Reform der Landwirtschaft zu werden.



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4.4. Aussichten des deutschen Biomarktes


1Vgl. Stiftung Ökologie und Landbau (1/1999): Chemischer Pflanzenschutz zu teuer - volkswirtschaftlicher Gewinn durch Ökolandbau, S. 23-26.

2Vgl. Verordnung der EWG (24.06.1991): Öko-Verordnung, S. 1.

3Vgl. Stiftung Ökologie und Landbau (1/1997): Die EG-Öko-Verordnung, S. 1.

4Vgl. Stiftung Ökologie und Landbau (6/1997): Wie erkennt man echte Bio-Lebensmittel, S. 1.

5Vgl. Verbraucherzentrale Bayern e.V. (4/1997): Alles Öko, S. 5-7.

6Vgl. Verbraucherzentrale Bayern e.V. (4/1997): Alles Öko, S. 7.

7Vgl. aid (1998): Lebensmittel aus ökologischem Landbau, S. 16.

8Vgl. Stiftung Ökologie und Landbau (1/1997): Die EG-Öko-Verordnung, S. 4.

9Vgl. Landeszentrale für Umweltaufklärung (12/1995): Wir zeigen Ihnen die Umweltzeichen. Und klären Sie über deren Bedeutung auf., S. 17.

10Vgl. Verordnung der EWG (24.06.1991): Öko-Verordnung, Anhang I, S. 1.

11Vgl. Verordnung der EWG (24.06.1991): Öko-Verordnung, Anhang II, S. 4.

12Vgl. aid (1996): Ökologischer Landbau - Grundlagen und Praxis, S. 10-11.

13Vgl. LVÖ (1995): Ökologischer Landbau ist Zukunft, S. 17.

14Vgl. aid (1998): Lebensmittel aus ökologischem Landbau, S. 10.

15Vgl. Landeszentrale für Umweltaufklärung (12/1995): Wir zeigen Ihnen die Umweltzeichen. Und klären Sie über deren Bedeutung auf., S. 17.

16Vgl. Agrarpolitische Mitteilungen (15.01.1999): Künftig mehr Klarheit und Sicherheit bei Öko-Erzeugnissen tierischer Herkunft, S. 1.

17Vgl. taz (19.01.99): Ökolabel soll Klarheit bringen, S. 35.

18Vgl. bioFach Nr. 12 (1997): Deutsches Öko-Siegel kommt, S. 15.

19Vgl. NABU (1998): Lebensmittel aus der Region - Für die Region, S. 1.

20Vgl. Sächsisches Landesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (1998): Bestimmungen für die Verwendung des Sächsischen Öko-Prüfsiegels, S. 1-6.

21Vgl. aid (1998): Lebensmittel aus ökologischem Landbau, S. 23.

22Vgl. Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (1998): Öko-Qualität garantiert aus Bayern, S. 5-11.